Immer mehr Kommunen in Rheinland-Pfalz geht die Luft aus. Gemeinderäte wollen nicht mehr kandidieren, Bürgermeister resignieren und immer mehr Bürgerinnen und Bürger spüren, dass bei ihnen vor Ort etwas nicht stimmt. Zu oft heißt es, es sei kein Geld da – für die Kita, die Schule oder für den Verein. Die Kommunen in Rheinland-Pfalz sind Kummer gewohnt, was ihre Finanzausstattung durch das Land angeht, aber wir sind an einem Punkt angelangt, an dem viele Bürgermeister und Gemeinderäte einfach keinen anderen Ausweg mehr sehen, als laute Hilferufe nach Mainz zu sen-den. Nur in der Landesregierung hört niemand zu. Obwohl Ministerpräsidentin Dreyer und Innenminister Ebling genau wissen, dass die strukturelle Unterfinanzierung durch das Land und die fehlende Kostenerstattung für Flüchtlinge, ÖPNV und Kitas die Ur-sachen für die Misere in den Dörfern und Städten sind, tun sie nichts, um ihrer Verant-wortung gerecht zu werden. Die geringe Investitionskraft der Kommunen, der Verfall der Infrastruktur und die fehlenden Möglichkeiten, innovative und zukunftsgerichtete Maßnahmen umsetzen zu können, führen nicht nur zu Frustration vor Ort und mindern die spürbare Lebensqualität in den Kommunen, sondern sind auch Ausdruck einer völlig verfehlten Landespolitik.

Auf Initiative der CDU-Landtagsfraktion kamen deshalb in Mainz Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, Oberbürgermeister und Landräte, Gemeinderäte und Beigeord-nete aus ganz Rheinland-Pfalz zusammen. Gemeinsam wurde die Situation und ihre Hintergründe analysiert, Sorgen und Erwartungen formuliert und schließlich gebündelt. Dabei wurde deutlich, es geht nicht um Einzelschicksale einzelner Gemeinden, son-dern strukturelle Defizite im Verhältnis des Landes mit den Gemeinden, Städten und Landkreisen in Rheinland-Pfalz.

Die Ergebnisse sind in diesem Mainzer Kommunalappell zusammengefasst – aus der Perspektive der Verantwortlichen vor Ort.

Wir appellieren an die Landesregierung:

1) Kommunen müssen entlastet werden!

Viele Ortsgemeinden in Rheinland-Pfalz ächzen – wegen eines hochkomplexen Abrechnungssytems, wegen mangelnder Unterstützung und rechtlichen Lasten für ehrenamtliche Bürgermeister bei der Abwicklung von Terminen mit Planern, Projektoren und Behörden. Umlagen im Kommunalen Finanzausgleich müssen gerechter verteilt werden, bei den Ortsgemeinden muss ein größerer Teil ihrer Einnahmen verbleiben. Das kommunale Ehrenamt braucht wieder größere Spiel-räume für neue Projekte.

Zitate vom Kommunalgipfel:

„Ehrenamtliche Bürgermeisterinnen und Bürgermeister brauchen mehr Unter-stützung vonseiten der Behörden.“ (Margot Schillo, Ortsbürgermeisterin aus Herschweiler-Pettersheim)

„Am Ende der Nahrungskette sind die Gemeinden.“ (Friedhelm Marder, Stadt-bürgermeister aus Daun)

2) Freiwillige Leistungen sind Pflicht – Der Katalog freiwilliger Leistungen muss auf den Prüfstand!

Die sog. freiwilligen Leistungen sind häufig die Lebensader für das Dorf oder die Verbandsgemeinde. Sie machen die Orte lebenswerter und attraktiver, sei es das Angebot der Volkshochschule, der intakte Sportplatz, der Weiterbetrieb des Schwimmbads, r eine langfristige Perspektive für die Turnhalle oder auch die In-standhaltung von Dorfgemeinschaftshäusern bzw. Versammlungsstätten, die entscheidend zur Stärkung des Gemeinschaftslebens vor Ort beitragen. Investi-tionen in diese Art von Zukunftsinfrastruktur müssen als kommunale Pflicht aner-kannt werden und dürfen einer Haushaltsgenehmigung nicht entgegenstehen.

Zitate vom Kommunalgipfel:

„Nicht einmal die Pflichtaufgaben können erfüllt werden. Alle freiwilligen Auf-gaben mussten zurückgefahren werden.“ (Michael Schreiber, Ortsbürger-meister aus Fischbach bei Dahn)

„Selbst die Friedhofsmauer kann nicht repariert werden, da das nötige Geld nicht vorhanden ist.“ (Walter Hain, Ortsbürgermeister aus Wolken)

3) Förderprogramme nicht länger an Steuererhöhungen knüpfen!

Das Land zwingt die Kommunen zur Steuererhöhung durch die Hintertür: Das Recht auf Teilnahme an Förderprogrammen wird vielerorts an Hebesatzerhöhun-gen bei der Grundsteuer und damit an Mehrbelastungen für Bürgerinnen und Bürger geknüpft. Diese erwarten zurecht Verbesserungen für ihren Ort, doch die Förderprogramme sind meist zu schlecht ausgestattet oder reichen nicht für mehr als Planungsleistungen. Dieser Erdrosselungswirkung muss entgegengetreten und die Hürden für den Zugang zu kommunalen Förderprogrammen herabge-setzt werden. Zitate vom Kommunalgipfel:

„Wenn man sich dem Land widersetzt, bekommt man keine Förderung mehr.“ (Stephan Otto, Fraktionsvorsitzender im Koblenzer Stadtrat)

4) Kommunale Selbstverwaltung muss Respekt vor Selbstverantwortung be-deuten!

Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sowie Ratsmitglieder haben es satt, „Ab-nicker“ immer größerer Zwänge zu sein. Die Menschen vor Ort brauchen für eine funktionierende Demokratie die Möglichkeit zu gestalten. Nur dadurch kann ein Zusammenhalt der Gesellschaft entstehen und bleiben. Bund und Land stülpen den Kommunen immer mehr Aufgaben über, zu deren Umsetzung sie gezwun-gen werden, jedoch ohne ausreichende Erstattung der dadurch entstehenden Kosten. Die Möglichkeit zur Mitgestaltung durch die Kommunalpolitik besteht nicht, gleichzeitig fehlen immer mehr Mittel für die eigentlichen Aufgaben kom-munaler Selbstverwaltung. Die Möglichkeit der Entscheider vor Ort, selbst Ver-antwortung wahrnehmen zu können, sinkt kontinuierlich. Der Trend muss ge-stoppt werden. Die kommunale Selbstverwaltung muss gesichert und besser ge-schützt werden.

Zitate vom Kommunalgipfel:

„Alle Anforderungen steigen: Die Bürokratie, der Rechtsanspruch, die Hebes-ätze. Das Einzige, was sinkt, ist die Motivation der Ehrenamtlichen und De-mokraten vor Ort!“ (Janick Pape, Bürgermeister der Stadt Westerburg)

„Frontaler Angriff auf kommunales Ehrenamt. Ohne Respekt gegenüber dem Ehrenamt, es erscheint der Landesregierung egal zu sein.“ (Michael Dötsch, Ortsbürgermeister aus Kobern-Gondorf)

5) Neustart für den Kommunalen Finanzausgleich!

Immer mehr Vorgaben von Land und Bund, immer mehr Leistung vor Ort, aber immer weniger Geld. Die Verantwortung dafür trägt das Land allein. Am Ende geht das zu Lasten von Kindergärten, Schulen und dem ÖPNV. Es stellt eine Gefahr für die Demokratie vor Ort dar. Es braucht deshalb eine Neuaufstellung des Kommunalen Finanzausgleiches. Es braucht ein klares, eindeutiges und transparentes System, das sich an den tatsächlichen Bedarfen orientiert, finan-ziell anwächst und an die Verhältnisse in Rheinland-Pfalz angepasst ist.

Zitate vom Kommunalgipfel:

„Die Finanzausstattung ist katastrophal. Die Grundursache des Problems wurde mit dem kommunalen Finanzausgleich nicht gelöst.“ (Markus Zwick, Oberbürgermeister von Pirmasens)

„Im Juni dieses Jahrs hatten rund 55 % der Gemeinden und Städte keinen ausgeglichenen Haushalt!“ (Jens Güllering, Gemeinde- und Städtebund Rheinland-Pfalz und Bürgermeister der Verbandsgemeinde Nastätten)

„2024 werden noch mehr Kommunen den Haushaltsausgleich nicht schaffen. Kosmetische Verbesserungen werden daran nichts ändern.“ (Achim Schwickert, Landrat des Westerwaldkreises)